Die Behandlung muss sich nach der Steinart richten, weil die im Stein enthaltenen Substanzen unterschiedlich sind und somit auch die Voraussetzungen, um Steine zu bilden. Struvit ist Ammonium-Phosphat und enthält z.B. kein Calcium, Oxalatsteine und Calciumcarbonatsteine enthalten das sehr wohl. Eine Grundvoraussetzung zur Bildung von Harnsteinen ist die Übersättigung des Urins mit der Substanz, die dann als Kristall ausfällt und zu einem Stein heranwachsen kann. Die Calciumoxalat-Übersättigung reagiert nicht sehr sensibel auf den pH-Wert, d.h. die Menge an Oxalaten, die man in Urin lösen kann, bleibt immer mehr oder weniger dieselbe, ob es sich nun um sauren oder basischen Urin handelt. Oxalate reagieren aber sensibel auf das Urinvolumen. Das bedeutet, wenn ich das Kaninchen nur dazu bekomme, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sinkt sofort die Chance auf Oxalatsteine. Wiese hat irgendwas von 80% Wasser, Pellets haben irgendwas von <5% Wasser - die Empfehlung ist klar.
Calciumphosphate, die Kristalle von Verkalkungen in der Niere, sind hingegen nicht so sensibel im Hinblick auf das Volumen, aber sehr sensibel auf den pH-Wert. "Mehr Flüssigkeit" hilft also nur bedingt weiter, weil bei gleichem Volumen aber unterschiedlichen pH-Werten in der Umgebung die Übersättigung zur Kristallbildung ausreicht oder eben nicht.
Oft wird eine Behandlung empfohlen, mit der man den pH-Wert des Urins beeinflussen möchte. Das ist insofern schwer erreichbar, weil der Körper immer bestrebt sein wird, den pH-Wert wieder herzustellen, den er braucht. Ausserdem kommt es bei Harnsteinen oder Blasenschlamm nicht so sehr auf den pH-Wert "im Körper" oder "im Blut" an; ich setze das mal in Anführungszeichen, weil unterschiedliche Abschnitte im Körper einen anderen pH-Wert haben. Es kommt eigentlich darauf an, was in den verschiedenen Abschnitten der Niere für ein pH-Wert herrscht. Und ob irgendwelche allgemein gefütterten Stoffe sich dann tatsächlich akut genau auf den micrometer auswirken, wo es drauf ankommt - da hab ich meine Zweifel.
Leute wie ich würden natürlich nun argumentieren, dass Du sie mit den homöopathischen Mitteln nicht wegbekommen hast, sondern dass Du Selbstheilungskräfte beobachten konntest, während Du die Fütterung geändert hast. Vor allem, da die Frage sauer oder nicht bei Oxalaten nicht den grossen Einfluss ausübt. Weil bei der Kristallbildung und dann erst recht für die Stein- oder Schlammbildung so viele Faktoren zusammenkommen, bin ich immer sehr misstrauisch, wenn irgendjemand schreibt, er habe das "in den Griff" bekommen. Ich habe hier etwas dazu geschrieben.
Die Bildung von Steinen (und erst recht die von Blasenschlamm) unterliegt sehr vielen Faktoren, und es müssen immer mehrere Faktoren zusammen kommen, sonst bilden sich die Kristalle nicht und wachsen auch nicht heran. Bei Menschen, die Steine bilden, liegt oftmals irgendeine Besonderheit vor, die die Steinbildung begünstigt, also etwa haben sie grundsätzlich einen anderen pH-Wert im Urin und nicht nur episodisch, weisen ausgeprägtere Konzentrationen an Calcium oder Oxalaten oder beidem auf, haben ein geringeres Harnvolumen usw. Solche Menschen werden immer schneller und häufiger Steine bilden als andere Menschen; es gibt Menschen, die bilden monatlich Steine, die können machen, was sie wollen, die kriegen die Steine nicht weg. Solche Verhältnisse sind bei Kaninchen auch denkbar, und dann wird Behandlung furchtbar schwer.
Das Kaninchen hat bemerkenswerte Abwehrmechanismen gegen Steine und gegen Nierenschäden entwickelt, es ist völlig auf die permanente Übersättigung seines Urins mit Calcium eingerichtet: Als reiner Pflanzenfresser ist der Urin alkalisch und somit weniger empfänglich für eine Kristallisation der Calciumverbindungen, die Niere ist relativ einfach aufgebaut und somit weniger empfindlich gegen strukturelle Schäden, der irreversible Ausfall von Nierenkörperchen wird durch Aktivierung neuer Nierenkörperchen kompensiert, Blutdruck belastet die Niere nicht so sehr, weil die Filtratitionsrate angepasst werden kann, die Niere hat keine ausgeprägten Fähigkeiten zur Urinkonzentration. Die beste Prävention gegen Calciumhaltige Steine beim Kaninchen ist: Viel Flüssigkeit. Also Frischfutter, viele Fasern, immer auch Wasser (oder attraktive Saft-Wasser-Gemische) anbieten, lieber Napf als Nippeltränke, keine Trockenkräuter, keine Trockenleckerlie, keine Trockenfutter, erst recht nicht, wenn sie mineralisiert oder vitaminisiert sind. Eine Erfolgsgarantie ist es aber leider nicht. Was man gegen Struvite machen kann, weiss ich nicht. Sorry für die lange Epistel, konnte nicht schlafen.![]()




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