Hallo,
ich bin normalerweise eher stiller Mitleser, nun hoffe ich aber doch nochmal auf Erfahrungen bei Kieferabszessen...
Ich habe einen 11 jährigen Kastraten, der seit drei Jahren bei mir lebt.
Er hat ganz katastrophale Zähne, die sind schwarz und stehen in alle Richtungen, manche Zahnleisten sind komplett im Kiefer gekippt.
Er kam aus dem Tierheim und lebte vorher in Einzelhaltung, und es hat sich nie jemand dafür interessiert, da er trotz spitzer Zacken, die ihn in die Backe gestochen haben, tapfer weitergefressen hat, ist es auch nicht aufgefallen.
Er hat regelmässige Zahn-OPs und Kontrollen, so alle zwei bis drei Monate.
Letztes Jahr im April ist bei der Zahn-OP festgestellt worden, dass auf einer Seite alle Zähne locker waren, sie wurden gezogen, und darunter ein riesiger Abszess war, bzw. mehrere nach außen.
Die Abszesse wurden gespalten und über mehrere Wochen gespült, also der Teil, der nach außen ging. Es war recht klar, dass die Aussicht auf Erfolg recht gering war, da die Ursache im Kiefer lag, man konnte das deutlich auf dem Röntgenbild erkennen, im Kiefer waren noch Reste der Backenzähne, Dentin heißt das, wenn ich mich richtig erinnere, und um die Ursache zu beseitigen hätte man den halben Unterkiefer entfernen müssen.
Nachdem die ersten Abszesse weg waren, haben sich direkt daneben neue gebildet, die erneut geöffnet und gespült wurden, aber auch danach waren wieder neue fühlbar.
Im Maul war weitgehend alles wieder o.k., nur an einem Schneidezahn kam etwas Eiter. Der Zahn selbst war fest.
Da er ein absolut unproblematischer Patient ist und er damit gut zurecht kommt, war Einschläfern keine Option. Er hat noch seine Tiefschlafphasen, wühlt in den Toiletten, schmust mit seiner Partnerin und frisst mit großem Genuss.
Er bekommt mittlerweile fast ausschließlich eingeweichte Cunis und dazu etwas geschälten Hanf als Leckerli und Erbsenflocken.
Frischfutter kann er wegen der katastrophalen Zähne nur sehr wenig fressen, er mag weiche Äpfel und frisst etwas Kräuter, Löwenzahn und Kohlrabiblätter.
Er hat im letzten Jahr bei den meisten Tierarztbesuch sein Gewicht gesteigert und wiegt jetzt fast 300 Gramm mehr als früher. Er war immer recht dünn, obwohl er viel gefressen hat, ein Blutbild von vor drei Jahren hatte ergeben, dass er einen zu geringen Eiweißwert hat.
Die aktuelle Fütterung bekommt ihm also sehr gut.
Das letzte halbe Jahr wurden nur noch alle zwei Wochen die größten Abszesse geöffnet und geleert. Wenn gerade eine Zahn-OP anstand, wurde es in Narkose gemacht.
Von Antibiotika hielt die Tierärztin nicht so viel, sie meint, es kommt sowieso nicht dorthin, wo es wirken müsste, ich habe zwar darüber gelesen, dass in vielen Fällen Antibiotika gespritzt wurde, war mir aber nicht sicher, ob es in unserem Fall helfen würde, und da ich auch selbst äußerst ungern etwas spritze, habe ich es erstmal verworfen.
Eine homöopathische Behandlung haben wir auch gemacht, das hat zwar sein Allgemeinbefinden verbessert bzw. stabilisiert, aber nichts an den Abszessen verändert.
Nun hatte er bei den letzten beiden Terminen ziemlich viel Eiter im Maul, so dass die Tierärztin ein Antibiotikum geben wollte und wir daher auch ein Antibiogramm veranlasst haben.
Er bekam Enrofloxacin, das gegen den aeroben Keim (Pasteurella multocoda) wirksam war.
Es wurde allerdings auch ein anaerober Erreger festgestellt, Veillonella species.
Wirksam wären gegen diesen Amoxicillin/Clavulansäure, Clinda-/Lincomycin, Fusidinsäure, Chloramphenicol und Metronidazol.
Meine Tierärztin meinte, dass sie nichts in der Literatur gefunden hätte, dass Clavulansäure für Kaninchen verträglich wäre, und dass es Amoxicillin aber nur als Kombipräparat geben würde. Und die meisten angegeben Antibiotika unverträglich für Kaninchen wären.
Ich habe mir das Antibiogramm ausdrucken lassen und nochmal gegoogelt.
Ich hatte vor kurzem schonmal recherchiert und diverse Forenbeiträge (über Google, nicht unbedingt hier) gefunden, dass man Synulox spritzen kann, welches Amoxicillin/Clavulansäure enthält.
Ich merke schon, dass er jetzt auch öfter leer kaut und den Eiter schluckt, außerdem haben die Abszesse außen am Unterkiefer deutlich zugenommen, beim letzten Mal waren eher die tieferen voll mit Eiter, sonst eher die, die außen lagen und sich so leichter öffnen und leeren ließen. Diesmal hat er auch deutlich dabei gezuckt und läuft jetzt auch vor mir weg, bzw. sitzt meist unter der Couch. Normalerweise macht er den Eindruck, als würde es nicht wehtun.
Es ist auch alles relativ dick, obwohl wir erst am Donnerstag dort waren, und mir ist recht klar, dass ich ihm das so wie es abgelaufen ist, nicht häufiger zumuten möchte / kann.
Bevor ich ihn einschläfern lasse, würde ich dann doch lieber einen Versuch machen mit einem Antibiotikum. Zuerst dachte ich, dass ich das auf keinen Fall machen möchte, weil ich zu sehr Angst habe, dass etwas daneben geht oder es nicht klappt, nachdem ich zwei Tage darüber nachgedacht habe, denke ich, dass ich das schon hinbekomme.
Er ist ja auch wirklich brav und ich hatte schon früher mal Kaninchen, die ich wegen einem Schnupfenerreger gespritzt habe, das ging gut, ich mache das aber grundsätzlich nicht gern und bin auch nicht sehr geschickt darin.
Wenn er so wie meine Häsin wäre, die sich ungern anfassen lässt, hätte ich ihn schon längst einschläfern lassen.
E.C. positiv ist er auch, er hatte zuletzt im Tierheim einen Schub, ich hatte gedacht, dass er durch den Stress vielleicht einen E.C.-Schub bekommen würde, aber auch das hat er problemlos weggesteckt.
Hat jemand von euch vielleicht Erfahrungen mit so einem Fall, und kann mir sagen, welches Antibiotikum knochengängig ist und ob es überhaupt Aussicht auf Erfolg hat, ich möchte ihn ja nicht unnötig quälen...
Und ich wäre auch dankbar für Hinweise, worauf ich achten muß beim Spritzen und wie lange man das am Besten macht, damit es Erfolg hat....
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