Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Zwischen einer Heudät und der Möglichkeit, nicht täglich pflücken zu können, liegen doch Welten.
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Zwischen einer Heudät und der Möglichkeit, nicht täglich pflücken zu können, liegen doch Welten.
Das sehe ich auch so, deswg würde ich nach einem Kompromiss suchen, der behilflich ist das Tier auf die richtige Kost einzustellen.
Reduzierte rationen, und evtl auch vorrübergehend einseitigere Frischkost halte ich da für in Ordnung. Aber ich hätte auch bei wenigen Tagen bedenken, wenn es ausschließlich Heu und Trockenkräuter gäbe.
Nochmal zur Definiton von Durchfall bei Amelie: sie hat 80% des Tages ganz normale Köddel, rund, hart, fein, hübsch. Nur nachts hat sie scheinbar 2-3 mal matschigen Kot bzw. kotwasser. Die drei Tage Heudiät hat sie durch deutlich vermehrtes Wasser trinken ausgeglichen. Hätte sie wirklich richtigen Durchfall würde ich auch anders behandeln. Momentan kriegt sie, dank Jana, den ganzen Tag Heu und Blätter und getr. Kräuterr und abends eine Handvoll Wiese. Damit geht es sehr gut. Ich kann aber Jana nicht zu dauernden Wieselieferungen bitten und muss mir somit eine Alternative einfallen lassen.
Ich hatte das auch teils so aufgefasst, als würde der ein- oder andere hier, dem Therapievorschlag des TA zustimmen. Wobei auch der ja gesagt hat, das etwas Wiese in Ordnung seie. Hier wäre dann nur "ab und zu" zu definieren. Eine tägliche Ration FriFu ist m.M.n. Pflicht (besser 2-3 kleine Rationen)
Ja, genau das ist der springende Punkt! (Jetzt ohne Witz)
Heu besteht ja normalerweise überwiegend aus Stängeln. Das sind die Leitungsbahnen der Pflanzen, in denen "schwer zu knackende Bestandteile" im Übermaß vorhanden sind (Rohfasergehalt ca. 18-35%). Die natürliche Nahrung dagegen enthält viel mehr leichter verdauliche Bestandteile und besteht zu ca. 80% aus Wasser (Rohfasergehalt ca. 4-6%).
Die Verdauung von Kaninchen ist darauf ausgelegt, diese schwer zu knackende "Rohfaser" möglichst schnell loszuwerden – sprich schnell durch den Darm zu schleussen und mit dem Hartkot auszuscheiden. (Ein bestimmter Teil an schlechter verdaulichen Fasern wird jedoch wie Cerena schreibt für die Eigenkontraktionen des Darms benötigt, sprich der hält sozusagen die Verdauung in Schwung.)
Am Blinddarm werden nun die groben von den feinen Teilchen getrennt. In den Blinddarm gelangen nur die Partikel, die, wenn sie dort ankommen, kleiner als ca. 0,3 – 0,5 mm und gut verdaulich sind. Mit Hilfe von Flüssigkeit werden sie Ausbuchtungen in der Darmwand entlang in den Blinddarm gespült. Der Verdauungstrakt hat sich hier auf die Beschaffenheit der natürlichen Nahrung optimal angepasst: Viel Flüssigkeit, wenig, aber genügend Rohfaser, und ein ständiger Nahrungsnachschub (großes Nahrungsvolumen), der ein unerwünschtes Bakterienwachstum verhindert.
Bei einer Heudiät fehlt es nun immer an Flüssigkeit. Der Gehalt an unverdaulichen Fasern ist hier im Vergleich zur natürlichen Nahrung immens hoch. D.h., dass bei einer Heudiät viel weniger Partikel in den Blinddarm gehen und der Darm zeitgleich eine Menge nutzlosen Ballast loswerden muss, aus dem er keine Nährstoffe ziehen kann.
Der Blinddarm ist ja bekanntermaßen eine große Gärkammer:
A.K. Wenger, Vergleichende Untersuchungen zur Aufnahme und Verdaulichkeit verschiedener rohfaserreicher Rationen und Futtermittel bei Zwergkaninchen, Meerschweinchen und Chinchilla, Tierärztliche Hochschule Hannover, 1997MORISSE et al (1985) beschreiben die Gefahr von Durchfällen durch eine Ration mit viel Faser und wenig Stärke. Ein reichliches Angebot an fermentierbaren Kohlenhydraten bewirkt, wie auch von HERRMANN (1989) beobachtet, durch die Bildung flüchtiger Fettsäuren eine Absenkung des pH-Wertes im Caecum. Diese wiederum führt dazu, daß sich Clostridien nicht vermehren können. Wird nun mehr unverdauliche Faser und weniger Stärke mit dem Futter aufgenommen, steigt der pH-Wert im Blinddarm und auch der Gehalt an Ammoniak, da die bakterielle N-Fixierung (Bildung von Bakterienprotein) zurückgeht. Die Milieubedingungen sind somit ungünstiger für die normale Flora, und Clostridien können sich gut vermehren. Weiterhin können zu hohe Gehalte an unverdaulicher Faser eine Anschoppung im Blinddarm bewirken (CHEEKE 1983).
D.h., dass durch die einseitige Aufnahme von hohen Mengen an unverdaulicher Faser der Ammoniakgehalt im Blinddarm steigt – der Darm vergiftet sich sozusagen selbst!
Dazu kommt, dass Getrocknetes schneller sättigt, es fehlt also auch am "durchspülenden" Nahrungsvolumen.
Ich hoffe, dass die obrige Erklärung bereits die Frage benatwortet. Ein Wasser- und Mineralstoffverlust ist eine gravierende Sache – da gehe ich völlig mit dir konform!
Daher der Ansatz, bei Durchfall Wasser und Mineralstoffe vermehrt zuzuführen. Und den Durchfall mit einer ausgewogenen, darauf angepassten Ernährung einzudämmen, anstatt den Darm durch eine einseitige Faserzufuhr auf Dauer weiter zu vergiften.
Geändert von Simone D. (21.05.2012 um 17:56 Uhr)
Stängel: Das ist genau abhängig vom Heu. Einverstanden, da
sind die Lignine drin, und die sind unverdaulich, aber wieviel, erneut, ist davon abhängig, wie holzig das Gras bereits ist. Also wieder - welche Qualität hat das Heu.
Wieso immer allgemein: Rohfaser? Cellulose ist auch Rohfaser und wird vom Kaninchen aufgespalten, ist also verdaulich.
Die natürliche Nahrung enthält auch Rinde, Zweige, das sind doch Lignine.
Äh, gut verdaulich? In den Blinddarm geht, was klein und schwer verdaulich ist.
Dass der ph-Wert sich verändert, das ist klar, und dass das schnell gehen kann und heftige Folgen haben kann, auch. Eben deshalb muss der konkrete Einzelfall gesehen werden, das ist ja kein Automatismus. Deshalb halte ich die kurzzeitige Heudiät zur Abstellung des akuten Durchfalls für eine Möglichkeit, wenn sie mit z.B. Wuschels Anleitung zum Anfüttern kombiniert wird.
Wenn das so ein zwangsläufiger Mechanismus wäre, dann hätten vor mehreren Jahren, als es völlig hip war, vorwiegend Heu zu verfüttern, die Kaninchen reihenweise umfallen müssen.
Nä...Aber ist vielleicht eine Frage der Risikoabschätzung.
Absolut einverstanden, bei "auf Dauer". In der Endstufe sind wir uns offenbar alle einig. Bei den Sofortmassnahmen allenfalls nicht.
Zwei Franzosen, zwei Schweizer, zwei Holländer, ein Japaner, zwei Loh, zwei Fürsorgefelle und ein "Weideunfall"
Zwei Franzosen, zwei Schweizer, zwei Holländer, ein Japaner, zwei Loh, zwei Fürsorgefelle und ein "Weideunfall"
Wenn das Tier mir einer Fütterung von einigen Wiesen-/kräutern gut klarkommt, sehe ich keinen Grund dafür diese einfach wegzulassen, denn sie müssen ja nicht weiterhin als Übeltäter ausgeschlossen werden. Somit enthalte ich dem Tier doch nur Nährstoffe und wichtige Flüssigkeit vor (auch wenn es trinkt, woher weiß man schon, ob das tatsächlich die übers FriFu aufgenommene Menge ausgleicht ?)
Sehe ich genaus so.
Nur wenn ein Tier überhaupt keine Wiese kennt und ansonsten nur Heu + Gemüse bekommt, dann bringt es nichts, wenn ich dann das Gemüse komplett weglasse und diesem Tier stattdessen total ungewohnte Wiesenkräuter gebe, denn dann wird es i.d.R. weiterhin Durchfall haben. Da kommt man fast nicht rundum, dass man das "gekaufte" Frifu drastisch reduziert und evtl. auf eine kleine Menge vertäglichere Sorten (Petersilie usw.) ausweicht, bis sich der Durchfall gebessert hat.
Wenn ein Kaninchen Wiese gewöhnt ist, kann diese weiterhin gefüttert werden, denn von Wiese bekommt ein Kaninchen i.d.R. keine Verdauungsprobleme.
Diese ganze Diskussion geht jetzt eigentlich eher um Kaninchen die wirklich Durchfall haben und gar nicht mehr normal böbbeln.
Ich fände es auch sinnvoll, wenn dieser Teil abgetrennt werden würde.
Das ist richtig. Von stattdessen war von mir ja auch nie die Rede. In diesem Falle bezog ich mich schon konkret auf Maike´s Amelie.
Bei dem von dir genannten Fall wäre es aber m.M.n auch sehr wichtig, zu erörtern, wie GENAU gefüttert wird, und zunächst einmal zu reduzieren was Augenscheinlich am ehesten Probleme bereiten könnte. Und - soweit möglich - auch hier alles was sich bei Durchfall bewährt hat frisch füttern.
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