Hallo Nettimaus ,

jetzt kann ich etwas ausführlicher schreiben .

Ja, da leide ich ja mit euch .

Man muss jetzt, glaub ich, zwei Dinge unterscheiden. Zum einen schreibst du, das Auge tränt schon seit Monaten. So richtig habt ihr dafür aber (noch) keine Diagnose, oder? Das kann ja ganz vieles sein . Das muss man aber mal separat sehen von der Ulkus-Sache.

Deine TÄ hat da eine sehr gute Überlegung. Genauso passt das auch zusammen. Er wird sich gekratzt haben oder aus welchem Grund auch immer am Auge verletzt haben, so dass die Hornhaut jetzt defekt ist (= das Ulkus entstanden ist). "Ukus" heißt dabei ja letztlich "Loch", also eine geschwürige Entzündung. Die Vermutung deiner TÄ, dass eine (Selbst-)Verletzung die Ursache ist, ist sehr naheliegend und wahrscheinlich durch die plötzliche große Verletzung. Es gäbe auch noch eine andere Ursache - dazu gleich mehr (ist aber nicht so wahrscheinlich).

Ich vermute, sie hat einen Fluoreszin-Test gemacht, das Auge mit der farbigen Flüssigkeit angefärbt und dann die große Wunde gesehen? Die Wunde ist ja auch so gut sehr zu sehen. Dass da ein Blutgefäß zu der verletzten Stelle zieht, ist das Allerbeste dabei - sieht zwar etwas unheimlich aus, ist aber die allerbeste Garantie, dass das Auge super heilt . Das Weiße ist tatsächlich in den allermeisten Fällen Fibrin zusammen mit Hornhaut- und Geweberesten. Manchmal sind auch kleine Blasen auf der Hornhaut zu sehen.

Das ganze ist extrem schmerzhaft, wenn die Hornhaut verletzt und offen ist, da unter der Hornhaut eine Vielzahl von Nerven offen liegen (die Schutzschicht Hornhaut ist ja jetzt weg). Bitte lass dir dafür von der TÄ Metacam oder Novalgin geben (geht beides), so dass ihr die Schmerzen von deinem Tier gut behandeln könnt. Das ist ganz wichtig .

Die Hornhaut hat eine wunderbare Eigenschaft: Sie schafft es normalerweise innerhalb einer Woche, sich komplett zu regerenieren. Das sind sehr schnell wachsende Zellen, dazu werden über den Tränenfilm und verschiedene "Zellpumpen" im Auge permanent die "alten Reste" weg- und aus dem Auge heraustransportiert. Daher auch der große weiße Fleck . Das ist kein schlechtes Zeichen erst einmal .

Die Idee deiner TÄ, den Defekt morgen zu reinigen, ist grundsätzlich richtig. Es ist notwendig, wenn die Wunde so "zerfranst" ist, dass die alten Zellen nicht ausreichend wegtransportiert werden und dadurch die neuen, gesunden Zellen nicht auf der offenen Wunde haften können und so das Loch verschließen. Das war bei uns der Fall - und ist oft bei großen Verletzungen. Es gibt dann mehrere Möglichkeiten: im einfachsten Fall "reinigt" die TÄ das mit einem sterilen speziellen Wattestäbchen - sie wischt damit praktisch über das Auge und entfernt die losen Zellreste. Das wird sehr häufig gemacht und ist eine unkomplizierte Standardmethode - auch bei geübten "normalen" TÄ (also keinen Augenspezialisten). Dazu braucht das Tier im Normalfall keine allgemeine Narkose - aber eine Betäubung der Augen. Das sind diese Augentropfen, die ein paar Minuten vorher geträufelt werden. Bei extrem ängstlichen, zappelnden Tieren wird dennoch gerne eine Sedierung gegeben - da absolute Voraussetzung ist, dass das Tier ganz still liegen bleibt !!! Mein Tier hatte das zum Glück und rührte sich nicht. Wenn du dir und deinem Tier das zutraust, kannst du es auf dem Tisch festhalten (aber wirklich ganz still!!!) - ansonsten wird die TÄ die Sedierung geben. Sehr viele TÄ machen das - meine Augenärztin machte und brauchte es bei uns nicht, da mein Tier so schön still saß.

Hilft diese Methode alleine nicht, gibt es weitere gute Möglichkeiten, das Auge zu behandeln. Man kann die alten Wundreste mit einer Hornhautfräse abfräsen - das ist differenzierter als nur die Wattestäbchen-Methode und geht in die etwas tieferen Zellschichten. Sie darf aber nur von wirklich erfahrenen Augen-Tierärztin durchgeführt werden !!!! Sehr viele Augen-TÄ trauen sich beim Kaninchen da nicht heran, da Kaninchen von Natur aus eine sehr dünne Hornhaut haben. Und der TA darf auf keinen Fall zu tief in die Hornhaut kommen (ganz wichtig!!!).

Reicht das auch noch nicht, gibt es verschiedene gute OP-Techniken. Die werden dann von erfahrenen Augen-TÄ durchgeführt, und sind heute ebenfalls in erfahrenen Kliniken "Standard" - soweit man beim Kaninchenauge überhaupt von Standard sprechen kann.

Es braucht damit eigentlich in fast keinen Fällen bei Hornhautverletzungen oder ähnlichen - sogar tieferen - Verletzungen das Auge entfernt werden!!! Das kriegt man gut wieder hin .

Dieses Blutgefäß, was über euer Auge zieht, sorgt schon dafür, dass alle heilungsfördernden Stoffe an die verletzte Stelle gebracht werden. Es wächst pro Tag 0,1 mm - zieht sich einmal quer über das Auge, bis zur Wunde, und wieder zurück. Da habt ihr wirklich Glück.

Jetzt noch zu dem Aspekt, den ich oben erwähnt habe - zweite Möglichkeit der Ursache: Ihr gebt schon sehr lange Augentropfen. Es ist bei Kaninchen ziemlich "gefährlich", so lange Augentropfen zu geben, wenn sie Konservierungsmittel enthalten. Die Kaninchenhornhaut ist gegenüber Hund/Katze extrem dünn und damit sehr viel anfälliger für Schadstoffe. Alle Tropfen mit Konsevierungsstoffen - dazu gehören auch die notwendigen Betäubungstropfen - schädigen die Hornhaut. Sie Konservierungsmittel (da hab ich mal wochenlang Dissertationen usw. zu studiert, weil das bei uns letztlich die Ursache war, dass das Auge nicht heilte) - haben dabei eine Halbwertszeit von 8 - 11 Stunden. Sie verstärken sich bei längerer Wirkung und verursachen Zellschäden - kleine "Löcher" auf der Hornhaut. Was zunächst ganz kleine Verletzungen sind, kann später zu einer so großen wie bei euch werden - irgendwann kann die Hornhaut dann "aufreißen", wenn zu viele Schäden da sind. Das vermute ich bei euch nicht - solltet ihr aber immer mit bedenken.

Und deshalb ist das wichtig: Dein Tier benötigt zur Heilung der Hornhaut einige Tropfen. AB-Tropfen sind zwingend notwendig (!! immer bei offenen Augenverletzungen !!) - und zusätzlich am besten Pflegetropfen. Wenn ihr könnt, steigt bitte auf konservierungsfreie EDO-Tropfen um (EDO = Einmaldosis -> in einer Phiole sind 11 Tropfen, und sie können 24 Stunden aufbewahrt werden; es gibt inzwischen auch große Tropfenbehälter mit Tropfen für mehrere Tage ohne Konservierungsmittel). Die Umstellung auf konservierungsmittelfreie Medikamente sichert, dass die Hornhaut keine weiteren Schäden erleidet - unabhängig von der akuten Verletzung.

Die Pflegetropfen (wenn sie konservierungsmittelfrei sind) kannst du dabei sehr häufig tropfen -alle 2 Stunden oder so etwa. Sie helfen der Hornhaut bei der Regeneration und dem Zell-Abtransport .

Ganz wichtig ist bei allen offenen Verletzungen auf dem Auge - und damit allen Hornhautverletzungen: Bitte kein Cortison anwenden ! Cortison macht die Hornhaut noch dünner und durchlässiger und darf damit bei Hornhautverletzungen nicht angewandt werden. Ebenso sollten keine lokalen Schmerztropfen für die Augen dauerhaft gegeben werden (Voltaren oder so) - auch sie verursachen durch verschiedene Stoffe Hornhaut-Aufquellungen, so dass die neuen Zellen nicht anwachsen und als Folge teilweise dauerhaft Blasen auf dem Auge bleiben können. Die für die TA-Behandlungen notwendigen Betäubungs-Augentropfen, die nur der TA geben darf, sind notwendig - darüber hinaus muss die Schmerzbehandlung mit allgemeinen Mitteln wie Novalgin/Metacam vorgenommen werden .

Und nach der Behandlung morgen seit ihr bestens gerüstet, dass das Auge hoffentlich unkompliziert und gut heilen kann . Übrigens sorgen Hornhautverletzungen auch dafür, dass die Tiere neben Schmerzen auch sehr licht- und blendempfindlich werden - daher kneifen sie die Augen auch so zusammen. Jedes Augenzusammenkneifen verursacht natürlich weiteres Rubbeln auf dem Auge und muss möglichst vermieden werden. Auch dafür sind die Schmerzmittel wichtig. Die roten Augen kommen durch die immer verbundene Beteiligung der Skleren (weißen Lederhaut), das ist dabei "normal" und heilt mit der Hornhaut mit.

Ich drücke euch ganz doll die Daumen !

Augensachen sehen meistens - bei einem guten TA und guter Behandlung - zunächst zu Hause schlimmer aus, als sie sind, wenn sie gleich kompetent behandelt werden. In den allermeisten Fällen wird das Auge bei einer Verletzung wieder gesund .

Wenn du Fragen hast, melde dich jederzeit gern. Ich denke morgen an euch !