Beobachtungen von Wildkaninchen zeigen, dass Heilpflanzen, ölhaltige und bittere Pflanzen eine wichtige Rolle in ihrer Ernährung spielen:
F. Turček, B. Stiavnica, Beitrag zur Kenntnis der Fraßpflanzen des Wildkaninchens, Oryctolagus cuniculus (Linne, 1758), in freier Wildbahn, Säugetierkundliche Mitteilungen, Heft 7, 1959Beinahe die Hälfte der gefressenen Pflanzenarten waren Heilpflanzen oder ölhaltig, aromatisch, bitter, usw. Hier sei besonders auf Chenopodium album hingewiesen, dessen Öle eine wurmtötende Wirkung haben. Insgesamt sind 46 % der Pflanzenarten [...] Heil- und Gift-, bzw. ölhaltige und bittere Pflanzen. Ähnliches hat auch DANlLOV [...] bei einer Analyse der Nährpflanzen des Wildes gefunden und gibt den Anteil der erwähnten Pflanzen-Gattungen mit 42 % an.
Pflanzen, die als giftig gelten, zählen ebenfalls zur natürlichen Nahrung von Kaninchen. Auch ihre Aufnahme dient der Gesunderhaltung. Kaninchen sind im Normalfall sehr geschickt darin zu entscheiden, welche Mengen und Teile eines Krauts sie benötigen, und welche ihnen schaden.
In Hinblick auf die Ernährung unserer Hauskaninchen gilt es dabei zu bedenken, dass Kaninchen in freier Wildbahn meist eine große Auswahl an verschiedenen Fraßpflanzen zur Verfügung steht. Sie können also jederzeit wählen, welche Pflanzen(-bestandteile) sie aufnehmen möchten. Bei unseren Haustieren entscheiden dagegen meist wir Halter über das Futterangebot. Sei es, indem wir beim Pflücken bereits eine Vorauswahl treffen, das Futter rationieren, oder die natürliche Nahrung nicht täglich anbieten. Diese Einschränkungen bringen das Risiko mit sich, dass die Tiere nicht wie ihre wilden Artgenossen nach Bedarf und Geschmack selektieren (können).
Mitbedacht werden sollte auch, dass nicht jedes unserer Hauskaninchen als giftig geltende Pflanzen (in allen Lebenslagen) gleichermaßen gut verträgt. Die Verträglichkeit hängt im jeweiligen Augenblick von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen neben dem vorhandenen Futterangebot beispielsweise der Gesundheitszustand des Tieres, oder auch die Gewöhnung. Wenn ein Tier regelmäßig bestimmte Wirkstoffe aufnimmt, kann es dadurch eine wesentlich höhere Toleranzschwelle als seine Artgenossen haben. Sehr entscheidend für die Wirkung einer Pflanze können auch ihr Standort, ihre Wachstumsphase und der Erntezeitpunkt sein.
Angaben über Pflanzen, die in bestimmten Mengen für den Menschen (oder andere Tierarten) als giftig gelten, lassen sich nicht zwangsläufig auf Kaninchen übertragen*. Für andere Arten gelten andere Maßstäbe. So können z.B. bestimmte Mengen des Eukalyptus für einen Koala ein wertvolles Futtermittel sein – während jene Mengen bei anderen Tierarten oder Menschen starke Verdauungsprobleme verursachen würden. Kaninchen besitzen z.B. eine hohe Toleranz gegen Bitterstoffe, da ihre natürliche Nahrung diese teilweise in sehr hohen Mengen enthält.
Wer sich bei einer bestimmten Pflanze unsicher ist, sollte sie nicht anbieten. Die Natur bietet allerlei Alternativen.
*Eine Pflanzenliste mit gesammelten Quellenangaben und Erfahrungswerten in Bezug auf Kaninchen gibt es z.B. hier.
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