Sie konnten einziehen.
In diesem Jahr bekam Felix zum ersten Mal Bauchweh. Er wollte nicht fressen. Ich habe das schon öfter im Kaninchenschutzforum gelesen aber ich habe mir nicht alles gemerkt. Hilfesuchend wendete ich mich hierher…Begriffe flogen herum…Dimeticon…Sab Simplex…Rodicare…Critical Care…Häää???
Tierarzt. Okay. Tierarzt. Ich fuhr zum Tierarzt. Ja. Er wurde abgetastet bekam was gespritzt. Wir fuhren wieder. Es wurde nicht besser. Was wurde gespritzt? Ja was? Ja…keine Ahnung….
Nochmal Tierarzt! Was, nochmal? Ja!
Wieder Tierarzt….wieder…Ratlosigkeit…er ist alt, 8 Jahre, wow…er bekam zwei Sachen gespritzt.
Ja, es wurde nicht besser. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Er torkelte, taumelte und ich konnte ihn nur halten. Ich legte mich zu ihm am Boden (ich hatte ihn in mein Zimmer geholt) , wieder Internet (meine Familie: Hör nicht auf das was im Internet steht – du kennst die Leute nicht – ein Tierarzt hat so etwas gelernt! Wir sind doch schon zweimal zum Tierarzt gefahren, jetzt lass ihn mal erholen. Der Tierarzt hat gemeint Heu und Wasser und in der Transportbox lassen mit ganz viel Wärme, dann wird er wieder) Im Internet: Gib ihm Platz, er muss sich bewegen können und ich zweifelte, jeder sagte etwas anderes….Dann: Wenn du jetzt nicht fährst – wird er sterben!
Ich sagte ich muss nochmal zum Tierarzt. Es war eine Tierklinik. Da war ich noch nie. Die Adresse dazu…wurde mir vom Kaninchenschutzforum gegeben…Er hat Sachen gespritzt bekommen aber was….keine Ahnung. Es hieß ich müsste ihn zufüttern.
Mir wurden Sachen mitgegeben. Zuhause torkelte er erneut rum, wollte trinken, konnte nicht. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Gab ihm zaghaft Dimeticon. Wartete. Irgendwann stand ich auf, als ich dachte es sei schon alles verloren und gab ihm Päppelbrei. Dann nahm ich ihn in mein Bett und streichelte ihn und schlief halb ein…und als ich aufwachte, wachte auch Felix auf, er gähnte und fing an sich zu putzen. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so erleichtert!
Ein paar Monate später wurde Blacky krank, Bauchweh. Ich total überfordert und keine Ahnung was ich tun soll – dieses mal ging es in ne andere Tierklinik…Diese waren sehr gut! Sie erklärten mir alles, zeigten mir wie das Zufüttern geht, sagten wie oft und wieviel.
Mein Ex übertrieb es wohl leider. Ich und meine Mutter hielten Blacky und er fütterte zu. Vermutlich viel zu viel…nur um sicher zu gehen…Danach setzten wir sie ins Außengehege in das Schutzhäuschen, verrammelten es und legten Wärmflaschen rein damit es schön warm drinnen ist. Es war für sie eine vertraute Umgebung, darin würde sie sich wohler fühlen.
Am nächsten Morgen hatte ich Angst die Klappe zu öffnen…ich rechnete damit sie tot daliegen zu sehen. Aber sie lebte und fraß Heu.
Der erste Winter im neuen Außengehege kam. Da ich immer Angst hatte sie könnten erfrieren streute ich viel Stroh raus, kaufte Plastikplanen um die großen Flächen abzudecken, damit sie vom Wind keine Bindehautentzündung bekommen. Je größer das Gehege desto schwieriger war es diese Fläche warm zu halten. Das Schutzhäuschen (ein Eingang) mochten sie überhaupt nicht.
Einsperren konnte ich sie nicht weil Blacky Flocke jagte. Und Flocke seperieren? Da würde sie frieren.
Aber es wurde. Wenn ich Sorge hatte sah ich nachts nach draußen und sah alle drei vergnügt in der Kälte rumflitzen und sogar auf dem Schutzhaus rumklettern.
Blacky kam mir etwas unausgelastet vor, deswegen versuchte ich es ihr das Geschirr anzubringen damit ich ihr zusätzlich Auslauf an der Leine geben kann – ein großer Fehler. Sie war total gestört und panisch und…fix und fertig! Sie verhedderte sich darin sogar etwas mit den Hinterläufen und ich konnte sie gar nicht mehr richtig einfangen. Das hat mir gezeigt, das so etwas nicht für jedes Kaninchen geeignet ist. Felix hingegen mochte es nach wie vor. Es war für ihn nicht anders wie ein Halfter bei einem Pferd. Aber er…war auch nicht ängstlich. Kein bisschen. Er war nicht scheu. Vertraute der Welt. Vertraute mir – glaubte es gäbe nichts Böses in der Welt. Er war sehr naiv. Er hatte keine Angst. Vermutlich war das der sehr engen menschlichen Einzelhaltung geschuldet. Er war sehr auf mich geprägt. Beim Tierarzt machte er immer an mir Männchen, steckte die Schnauzte unter mein Kinn, unter mein Haar, unter meine Achseln und hielt sich ganz still während er eine Spritze bekam. Er war…einzigartig. Ein Mensch. In einem Kaninchenkörper. Schon auch noch Kaninchen, klar. Aber intelligent auf eine Art und Weise die man nicht erklären kann.
An der Leine zu laufen fand er cool. Aber früher oder später zog es ihm immer mehr zum Gehege zurück und er suchte einen Weg zu Blacky und Flocke. Das zeigte mir, das die Leine keinen Sinn hatte weil er alleine rumlief und er wollte ja die beiden anderen um sich haben. Also baute ich einen großen Auslauf (oben hin offen), so das sie zu dritt unter Büschen und Apfelbäumen laufen konnten.
Problem wurde dabei immer wieder das Blacky Flocke so sehr jagte.
Ich überlegte Blacky kastrieren zu lassen. Dann müsste Flocke auch kastriert werden weil sie sonst die Rangordnung an sich nehmen könnte und es wieder zur Unruhe käme.
Ich ließ die beiden 2014 kastrieren. Dabei stellte sich heraus das Flocke zwei große Tumore in der Gebärmutter hatte (zuerst dachte die Tierärztin sie sei schwanger und es wären Babys)
Ich ließ die Tumore nicht auf ihre Gutartigkeit feststellen. Ich hielt die beiden in der Schutzhütte damit sie sich gut ausschlafen konnten von der Narkose. Ein, zwei Tage ging es gut – dann meckerte Blacky rum und Flocke, die eine solche Angst auf sie entwickelt hatte – sprang aus der Schutzhütte heraus. Gut das nichts gerissen ist…
Also baute ich ihr im Außengehege separat etwas. Felix verstand das ganze nicht. Er hatte über zwei Fenster Gitterkontakt zu ihnen, aber verwirrt blieb er trotzdem. In der Nacht schaffte er es mit 10 Jahren auf die zwei Schutzhütte zu springen – über einen Meter hoch und allerlei Kram war darauf) Zumindest fand ich ihn darauf, sehr hilflos weil er sich nicht traute runter zu springen. Bevor er nochmal so etwas machte, legte ich auf dem ganzen Boden Leintücher aus (mir ging es ja darum das kein Dreck an die Wunde der beiden kam und in der staubigen Erdhaltung war das möglich). Jetzt waren sie wieder zu dritt vereint. Es ging alles gut. Und sie erholten sich schnell. Sie hatten nicht mehr so ein Interesse daran Löcher zu graben. Nur wenn das Wetter sehr stark und sehr schnell umschwang. Einmal zerrte Blacky ein Handtuch in die Höhle hinein und ich musste es mir erkämpfen…einmal brach ein Gang ein und ich grub verzweifelt mit der Schaufel und hatte Angst beim Einstechen weh zu tun – und ein Kaninchen sprang mir entgegen. Von da an fand ich die Löcher nicht mehr so toll und es war ein Kampf – ich verbaute jedes Loch aber sie fanden meistens eine Möglichkeit trotzdem genau dort wieder an zu knüpfen…wieso habe ich nur über einen halben Meter tief gegraben…
Mittlerweile war ich etwas gewappneter wenn einer von ihnen krank wurde. Aufgasungen – damit konnte ich mittlerweile gut umgehen. Gechillt war ich aber trotzdem nicht und dauerte viele Male bis meine Lippen nicht mehr blau waren und ich am ganzen Körper vor Angst zitterte.
Einmal war Felix im Sommer regelrecht dehydriert und ich wusste nicht warum – er hatte drei Wassernäpfe im Gehege, Wiesenfütterung, Gurke, Wassermelone und trotzdem war er laut Tierärztin sehr ausgetrocknet. Seitdem gab es sehr oft Tee im Napf oder Spritze und das mochte er sehr gerne.
Dann kam der Februar 2015. Mir fiel auf das sich Flocke merkwürdig still hielt. Sie saß meist auf der Schutzhüte, sonnte sich, hatte dort ihre Ruhe vor den anderen. Seltsam war aber ihre Atmung. Wie eine Welle war ihre Nase im Gleichklang mit den Barthaaren. Hat sie schon immer so geatmet? Irgendwie seltsam…ich wollte das beobachten. Ein paar Tage später wollte sie plötzlich nichts mehr fressen. Sie hatte in all der Zeit noch NIE Bauchweh gehabt! Noch nie! War immer gesund…
Ich nahm sie in mein Zimmer. Manchmal schluckte sie, manchmal ließ sie es aus dem Maul tröpfeln, sie war nicht mehr ganz so scheu aber Vertrauen hatte sie auch noch nicht. Gegen Morgen wirkte es als würde es ihr wieder besser gehen. Trotzdem bat ich meinen Ex mit ihr nochmal zum Tierarzt zu fahren. Sicher ist sicher.
Ich fuhr in die Arbeit.
Zwei Stunden später wurde ich von meinem Ex angerufen: Flocke wird sterben. Sie hat das Maul offen. Man kann sie nicht mehr retten, nur einschläfern.
Etwas schrie im Hintergrund.
Ich schrie auch. Alle in der Arbeit glotzten mich an, ich weinte und war fix und fertig. Es war ein Hund der gewinselt hatte. Dann…es ist zu spät, sie ist gestorben.
Ich war fix und fertig. Bat darum nach Hause zu fahren.
Wir weinten alle sehr. Es stellte sich heraus das sie Metastasen in der Lunge hatte. Der Tumor von damals hatte wohl gestreut…Man hätte nichts tun können. Mit meinem Bauchweh-Programm habe ich alles richtig gemacht.
Ich grub ein Grab neben dem Gehege aus. Es war Februar. Es war kalt und alles war gefroren. Es war harte Arbeit mit heißem Wasser und einem Pickel…
Dort neben dem Gehege, würde sie doch immer wieder bei den anderen sein.
Ein halbes Jahr später kamen privat große Veränderungen, ein Angebot von ner anderen Arbeitsstelle die ich ablehnte, Trennung, Felix…Felix, den ich immer wieder am Po kontrollierte ob er geputzt werden muss weil er anfing Probleme damit zu haben sich selbst zu reinigen, hatte etwas am Po. Etwas rotes. Ich dachte zuerst er hätte ne Johannisbeere am Po kleben. Oder es wäre der Penis. Aber es war sehr rot, rund, geschwollen…und kam direkt aus dem After. Oh gott – der Darm??!!
Wir fuhren zu einer Tierklinik. Diese entfernten die Wucherung und ließen sie einschicken. Mir war aufgefallen das er etwas Probleme mit dem Pinkeln oder Klo gehen hatte – das er presste und presste und nichts kam. Ich hielt es für…naja Blasenentzündung und gab ihm viel Brennnesseltee.
Es war ein bösartiger Tumor. Man konnte nicht wissen ob er gestreut hatte, man konnte nicht wissen ob er noch mehr davon im Darm hat, weil es so klein ist, sei es auf dem Röntgenbild nicht zu sehen. Sie riet zur Einschläferung. Weil er auch die letzten Tage vermehrt Bauchweh gehabt hatte. Er war 11 Jahre alt. Sie gab ihm noch zwei Tage zu leben. Vielleicht zwei Wochen. Maximal ein halbes Jahr, denn bei diesem Alter ist es sowieso fraglich wie lange er noch hatte.
Aber es ging ihm wieder besser. Also ließen wir ihn nicht einschläfern. Und warteten bangend ab ob nochmal was kommen würde. Alles war gut.
Die darauffolgenden dreimaligen Bauchwehen fuhr ich jedesmal in die Tierklinik mit dem Gedanken, dass das jetzt der Tumor sei, er eingeschläfert werden müsste. Aber er wurde wieder.
Ich startete die Heel Therapie.
Ein Jahr darauf hatte ich den Eindruck das er jedesmal nach der Medizingabe ganz komisch wurde, torkelig, kippte sogar einmal kurz um als ich ihn absetzte, vermutlich die Hinterläufe. Manchmal hinkte er nämlich etwas. Deswegen hörte ich dann wieder auf damit. Vermutlich brauchte er es nicht mehr.
Blacky und er wurden immer gemütlicher.
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