Hallo Punzelchen,
heute vor einem Jahr habe ich dich in Bielefeld abgeholt und zusammen sind wir nach Dortmund gefahren. Du hattest dich in die letzte Ecke der TB verkrümelt, mich aber trotzdem die gesamte Zeit im Blick.
In deinem neuen Zuhause angekommen, konntest du gar nicht fassen, plötzlich so viel Platz zu haben und ein Flummi war nichts gegen dich. Die erste Möhre hast du mir knurrend aus der Hand geschlagen, getreu dem Motto: "Komm mir bloß nicht zu nah "; doch ich "zwang" dich, mir aus der Hand zu fressen und mit der Zeit wurde es besser.
Du warst furchtbar schreckhaft, jedes noch so kleine Geräusch löste Panik bei dir aus.
Mein Herz hattest du ganz schnell erobert, trotz deiner Angriffe, dem Schlagen mit deinen Pfoten nach mir u.v. m. Du hast mich mehrmals am Tag angepieselt, mir in die Fersen gebissen, mir die Socken zerbissen, aber auch mir heftige Bisswunden zugefügt. Du wolltest die Macht, ich habe sie dir nicht gegeben und mit der Zeit wurde es besser zwischen uns. Und du warst sehr redselig, hast ständig gebrummelt und geknöttert; manchmal machst du das auch heute noch.
Deine Blutwerte waren eigentlich okay, doch die Enzündungswerte sehr hoch, was aber kein Grund war, sich gleich Gedanken zu machen.
Deine Hormone tanzten eine Party nach der anderen, du wurdest kastriert und auch ruhiger, leider entzündete sich die Wunde - doch letztlich ging alles gut.
Später dann die Darmentzündung, du hattest 42° Fieber, mochtest absolut nichts, konntest vor Schwäche nicht mehr laufen und ich hatte Angst, dich zu verlieren. Doch so schnell gibst du nicht auf, nach 2 Tagen stationärer Behandlung konntest du wieder nach hause kommen und du wurdest wieder gesund.
Von Beginn an aber hatte ich das Gefühl, etwas stimmt mit dir nicht, da ist noch etwas anderes - aber so wirklich glauben wollte dies irgendwie keiner. Deine Atmung war immer so schnell, in meinen Augen zu schnell, auch die immer wieder auftretenden "Aggressionsschübe" waren in meinen Augen nicht normal. Oft wurde gesagt, dass es mit deiner Einsamkeit zusammenhängt und sich alles ändern würde, wenn du einen Partner hast, vermittelt bist.
Doch ich wusste, mein Gefühl täuscht mich bei den Ninchen nie - und leider sollte ich auch hier wieder Recht behalten. Die Entzündungswerte nahmen zu statt ab (trotz AB), die Atmung war heftig, der Verdacht auf eine Herzerkrankung kam auf, doch dein Herz zeigte keine Auffälligkeiten.
Aber deine Lunge - das Röntgenbild zeigte das ganze Ausmaß und es stand fest, dass du nie wieder gesund werden wirst, sondern sehr, sehr krank bist; du wurdest ein Gnadenhofkaninchen.
Mich hatte dieses Ergebnis regelrecht umgehauen, viele Tränen sind geflossen und die Frage, wie lange du noch da sein kannst, hatte keine Antwort und es gibt darauf auch keine Antwort.
Immer wieder machen sich neue Krankheitsschübe deutlich in deinem Verhalten, du wirst "aggressiver", die neurologischen Ausfälle sind verstärkt vorhanden und es fällt dir in solchen Phasen schwer, das Futter oder den geliebten Heucob zu finden. Und du weißt selbst gar nicht, was überhaupt mit dir passiert, beißt um dich und stellst eine "Gefahr" für dich und andere dar.
Die letzten 2 Wochen waren nicht einfach, du hattest nach langer Zeit wieder einige Anfälle, in denen du nach Luft gerungen hast und voller Panik warst. Und leider auch in der letzten Nacht ...
Wer dich kennen lernt kann gar nicht glauben, dass du so krank bist, denn du bist ein kleines aufmüpfiges Nin, das bezaubernd betteln und mit kindlichem Charme um den Finger wickeln kann. Du lässt dir nicht gern Grenzen setzen, hast einen Dick- und Trotzkopf. Aber du bist voller Liebe und unendlich dankbar für alles, du bist ein große Kämpferin.
Du hast mir oft sehr deutlich gezeigt, dass sich ein Kämpfen lohnt, so schwer es auch sein mag - nur dass du darin die Stärkere von uns beiden bist und nicht so schnell aufgibst.
Punzelmaus - ich hoffe, du wirst noch ein lange Zeit, mit einem Partner an deiner Seite, bei mir verbringen können. Ich habe dir das Versprechen gegeben, dich auf deinem Weg bis zum Ende hin zu begleiten, wie kurz oder lang dieser auch sein mag.
Danke für das erste gemeinsame Jahr, ich habe dich lieb ...
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