Gude,
ich habe seit einigen Monaten die Kaninchendame Lou (2-3 Jahre alt) in meiner Obhut. Sie soll, nachdem Eddy (Kastrat, etwa 10 Jahre alt) nicht mehr ist, ins Tierheim Seligenstadt zurückziehen. Das TH hat eine ausgezeichnete Kaninchenhaltung, großes Außengehege plus Auslauf und Wiese ad libitum. Die Mitarbeiterinnen haben wirklich Ahnung von Kaninchenhaltung und kennen und beobachten die Tiere gut, so mein Eindruck. Das macht es für mich etwas weniger schlimm, sie zu gegebener Zeit dorthin zurückzugeben.
Lou hat, bevor sie ins TH kam, starke Misshandlung durch ihre Vorbesitzer erlitten und bei ihren Geschwistern mit angesehen. Sie alle sind dann durch das Vetamt befreit und an besagtes TH übergeben worden. Während der Rettung der Tiere wurden auch tote Tiere entdeckt, einige Jungtiere hatten nur noch ein Ohr, ggf. durch gegenseitige Verstümmelung oder durch die Vorbesitzer. Das hat mir die zuständige MA des Tierheims berichtet und auch, dass die Person vom Vetamt ansonsten keine weiteren Angaben zur vorgefundenen Haltung machen wollte, weil der Einsatz dort wohl ziemlich verstörend war. Lou hat also sehr schlimme Erfahrungen gemacht.
Die MA berichtete mir außerdem, dass alle Kaninchen aus dieser Haltung anfangs extreme Angst vor Menschen und deren Berührungen hatten (Ohren Anfassen=Todesangst und Schreien). Dies hatte sich bei Lou mithilfe von viel Geduld und Arbeit seitens der MA gebessert. Sie ist selbst ihr fremden Menschen inzwischen sehr zugewandt (aus der Hand fressen und Anstupsen, Kopf inkl. Ohren streicheln durfte ich auch schon oft) und hat sich im TH auch mit Artgenossen jeden Geschlechts und Alters direkt verstanden.
Ich habe sie dann einige Monate, nachdem sie hier eingezogen ist, mal zum Tierarzt gebracht, mit Partnertier Eddy. Ich wollte ein Check-up für sie. Hat auch soweit ganz gut funktioniert. Sie verblieb dafür in der Transportbox, Eddy an ihrer Seite. Lief soweit problemlos. Als die Zähne untersucht wurden, fing sie an zu schreien und musste festgehalten werden, da sie sonst vom Tisch gesprungen wäre und sich vielleicht verletzt hätte. Das Tier war in Todesangst. Intensive Untersuchungen, bei denen ein Körperteil fixiert werden muss, sind für sie anscheinend unerträglich. Die Untersuchung wurde dann abgebrochen.
Sie wirkt insgesamt gesund und zufrieden. Ich darf ihr auch manchmal die Krallen schneiden (vorher Cranberries, dann halte ich sie kurz am Boden und schneide 1-2 Krallen, dasselbe dann am Tag danach, bis alle Krallen kontrolliert wurden). Ansonsten lasse ich sie in Ruhe, bis auf Leckerlivergaben aus der Hand, um ein gewisses Vertrauen herzustellen, falls ich sie mal schnappen muss, um zum Tierarzt zu fahren. So halte ich es auch mit Eddy, der auch eher wenig Lust auf Menschenkontakt hat, aufgrund schlechter Erfahrungen.
Nun ist Lous RHD+Myxo Impfung diesen Monat dran. Davor findet ja i.d.R. ein allgemeiner Check-Up statt. Ich würde das gerne irgendwie sinnvoll planen, da der letzte Besuch beim Tierarzt für sie so schlimm war. Ich frage mich, ob ich den Check-up so wie letztes Mal halten soll und man die Zahnuntersuchung erst gar nicht probiert? Ich möchte es nicht wie beim letzten Mal machen, dass alles untersucht und ausgereizt wird, bis sie dann doch schreit und furchtbar Angst bekommt. Ggf. wäre auch eine Sedierung möglich? Zähne nachschauen ist ja sehr sehr wichtig bei Kaninchen. Ich tendiere zu einer leichten Sedierung, die sie aufgrund ihres Allgemeinzustands und Alters vermutlich gut wegstecken sollte. Besser, als die Panik, die ihr sonst vielleicht drohen könnte und ggf. unerkannte Zahnprobleme.
Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Und habt ihr Erfahrungen mit traumatisierten Kaninchen? Wie gestalten sich eure Tierarztbesuche mit so stark vorbelasteten Tieren? Mich würden eure Erfahrungen diesbezüglich sehr interessieren.
LG
Nika
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