Dass Blasengriess bei Kaninchen mit Wiesenfütterung "sehr selten" vorkäme, ist eine reine Behauptung, die überhaupt nicht durch empirische Nachweise abgesichert wäre. Im übrigen ist Wiese nicht gleich Wiese - die kräuterlastigen Wiesenfütterer verfüttern mehr Calcium als die graslastigen Wiesenfütterer.
Es dürfte eher nicht so sein, dass Kaninchen trotz oder gerade wegen Wiese die Probleme haben - es wird wohl eher so sein, dass Kaninchen mehr und mehr als echte Haustiere gesehen werden und folglich dem Tierarzt gezeigt werden, wo dann der Griess auch festgestellt werden kann. Das kann einem Kellerkaninchen im Abstellraum natürlich nicht passieren, hat aber vorerst nichts mit dem Futter zu tun. Und dass die Foristas in einem Kaninchenforum zum Tierarzt gehen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man vor allem vom Blasengriess als Beschwerde hört.
Der Griess ist sehr wahrscheinlich eine Folge davon, dass die Nieren ihre Filterfunktion punkto Calcium nicht mehr ausreichend erfüllen. Deshalb sind es tendenziell die älteren Tiere (hier gibt es ganz schwache empirische Hinweise), die das Problem haben. Kaninchen sind ganz generell anfällig für Nierenleiden. Das heisst aber nicht, dass es ausschliesslich und immer und nur die älteren Tiere wären.
Ob die Nieren vergriessen, weiss ich nicht; aber zumindest funktioniert das Filtern nicht mehr, weshalb sich in gewissen Abschnitten die Kristalle bilden können. Es wäre ja auch denkbar, dass eine frühe, heftige EC Attacke die Nierenzellen zerstört hat, und daraufhin Griess entsteht. Temporäre Nierenfunktionsstörungen sind z.B. von Ratten bekannt und ich weiss von mindestens einer Publikation, in der das auch beim Kaninchen vermutet bzw. für möglich gehalten wird. Es muss also nicht zwangsläufig die Niere verkalken, obwohl gerade das ein sehr häufiges Problem von Kaninchen ist.
Blasengriess kann auch sichtbar werden, wenn die Blase aus anatomischen Gründen die Bildung oder Sammlung von Griess begünstigt. In Zürich hat man junge Kaninchen eine Zeitlang mit tonnenweise Calcium gefüttert, und auf den Ultraschallbildern war in der Blase die reinste Kreidesammlung. Dennoch gab es keinen Griess, eben weil die winzigen Kristalle, die bei gesunden Kaninchen den Urin trüben, sich nicht zu grösseren Gebilden entwickeln. Hier kommen dann spätestens die Nanobakterien in's Spiel, welche die Kristallbildung fördern, sowie einige Stoffe aus der Leber (!), die für gewöhnlich eine Kristallbildung in grösserem Ausmass verhindern. So kann also ein Problem der Leber dazu führen, dass der Stoff ausbleibt, der die Griessbildung verhindert. Siehe ben - da bleiben die Nieren intakt.
Es kann hilfreich sein, die Calciumeinfuhr zu verringern. Ist immer eine heikle Sache, weil das Kaninchen wegen seiner Zähne auf Calcium angewiesen ist und wegen des Zahnabriebs auch immer relativ viel Calcium aufnehmen wird. Dass man dann die totalen Calciumbomben weglässt (Löwenzahn) und die totalen Phosphorkanonen auch (Paprika, Tomate, "Sämereien", Haferflocken, fallen mir auf Anhieb als Beispiel ein), finde ich jetzt fast einen no-brainer, da muss man nicht lange nachdenken. Wenn man vom Wasser weiss, dass es überdurchschnittlich viel Calcium enthält, dann würde ich allenfalls auch filtern oder ein anderes nehmen. Warum nicht?
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