Im Sommer 2008 nahmen wir zwei Kaninchen als Urlaubsgäste auf. Der eigentlich geplante Tiersitter sei abgesprungen, ich stünde ja auf der Tiersitter-Liste des Tierschutzvereins, es sei ein Notfall, ob ich helfen könne. So fing alles an … Letztendlich stellte sich die Haltung deiner Eltern als Katastrophe heraus – und deine Mama als schwanger. Am 10. August 2008 brachte sie vier Babys zur Welt, zufällig sah ich sogar eure Geburt. Die folgenden Wochen waren ein einziges Chaos, zu viel, um es hier zu erzählen. Das Resultat war auf jeden Fall, dass wir dich und deinen Bruder Bruno „adoptierten“.
Ich räumte mein 23 qm großes Arbeitszimmer und zog in die 7 qm kleine Rumpelkammer, damit ihr beiden quirligen Jungspunde viel Platz zum Toben habt. Insbesondere du, mein kleines Daisynchen, hattest nichts als Unfug im Kopf. Angefangen mit dem Trick mit den eingezogenen Hoden, den die angeblich kaninchenkundige Tierärztin noch nicht gekannt hatte und dem du den Namen Daisy verdankst …
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Wir haben wunderschöne, aber auch sehr anstrengende Jahre mit dir und deinem Bruder verbracht. Momente voller Freude und Glück - und viele Momente des Bangens. Wie viele schlaflose Nächte habe ich bei euch verbracht, wie oft habe ich um euer Leben gekämpft … Magen-Darm-Erkrankungen, Kaninchenschnupfen, Blasen-Nieren-Probleme, E.Cuniculi – mit jeder Erkrankung lernte ich mehr über Kaninchen, um euch helfen zu können.
Dann bekamst du nach der E.Cuniculi-Behandlung im September Atemprobleme. Wieder kämpfte ich um dein Leben, zusammen mit Frau Dr. E. aus Berlin. Der Versuch zu röntgen scheiterte an einem erneuten Erstickungsanfall. Wir machten einen frühen Notfalltermin für einen Herzultraschall aus, überbrückten die Zeit mit Medikamenten. Dein Zustand änderte sich ständig, gab uns Grund zu hoffen, Grund zu bangen, Grund zu hoffen, Grund zu bangen … Noch am Montagnachmittag kamst du mir freudig entgegengehoppelt, als ich ins Zimmer kam. Du stupstest mich an, gucktest mal kurz ins Wohnzimmer, kamst wieder zu mir und schlecktest meinen Arm, ranntest zum Regal und betteltest um Leckerchen. Ich war so glücklich …
Abends ging es dir dann wieder schlechter, aber das kannte ich ja schon, es ging immer bergauf und bergab. Wir hofften, dir nach dem Herzultraschall gezielter helfen zu können.
Doch am nächsten Morgen fand ich dich leblos in eurem Zimmer vor. Ich habe dich lange in meinen Armen gewiegt und dir immer wieder gesagt, wie sehr ich dich liebe. Du sahst friedlich aus, ich hoffe, dass du nicht gelitten hast. Dein Bruder, der dich abgöttisch geliebt hat und mit dem du zusammenhingest wie siamesische Zwillinge, kam noch einmal zu uns, schnupperte an deinem Kopf. Es sah aus, als überlege er, ob er noch ein letztes Mal dein süßes Gesicht schlecken wolle …
Wir haben dich auf einem Tierfriedhof beerdigt. Auf Heu und Blüten gebettet in einem schönen Holzsarg, Samen und Kerne um deinen Kopf gelegt. Und ich habe dir einen Brief mitgegeben, mein Liebling, mein Herz, mein über alles geliebter kleiner Schatz. Und einen Apfelbaumzweig auf deinen Sarg gelegt. Du liebtest Apfelbaumblätter so sehr …
Es zerreißt mir das Herz, während ich diese Zeilen schreibe, mir laufen die Tränen. Du warst das liebste und wunderbarste Kaninchen, das man sich denken kann. Wie oft hast du mich zum Lachen gebracht, wie oft war ich zutiefst gerührt, wenn du minutenlang meinen Arm geschleckt hast. Vor allem die Ellbogen, da war ja die Haut so rau, die hatten es offenkundig besonders nötig. Jedes Mal, wenn ich in euer Zimmer komme, erwarte ich, dass du dein süßes Näschen unter der Decke am Regel hervorstreckst und auf mich zugelaufen kommst, mit wehenden Segelohren. Und dann sehe ich dich wieder tot vor dem Unterschlupf liegen – und ich weine und weine und weine … Irgendwann wird es besser werden mit der Trauer, das weiß ich. Und dann werde ich mich vor allem noch an die vielen schönen Momente mit dir erinnern. An deine verrückten Einfälle, an deine Zärtlichkeit, an deine vor Intelligenz und Lebensfreude strahlenden Augen, die mich immer zum Lächeln brachten. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich liebe …
Deine Zweitmama
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