Maggie Zaubermaus... Mai 2015
Liebe Maggie,
…herzerweichende zarte Maggie. Ich weiß nicht, warum es mich nun überkommt. Aber jetzt, fast zwei Jahre nach deinem Tod, musste ich an dich denken und dir einen Nachruf widmen. Eventuell hängt es mit einer Zeit meines Lebens zusammen, in der es mir selbst sehr schlecht ging. Euer Leiden, das Leiden meiner liebsten Tierchen, kam dann noch oben drauf.
Nach JAHREN fühle ich mich wieder richtig gut, gefestigt, und vielleicht ist es jetzt langsam an der Zeit Abschied zu nehmen und einen Abschluss zu finden. Dein Schicksal ging mir besonders nah.
Warum?
Weil dieses verdammt beschissene Schicksal es dir vergönnt hatte glücklich zu sein! Die ersten drei Jahre ging es dir nicht gut. Im Detail weiß ich das nicht mehr so genau. Ich weiß nur noch, dass deine Retter dich aus schlechten Verhältnissen „rausquatschen“ konnten. So zogst du im Oktober 2014 bei mir und Moritz ein.
Moritz, mein absolutes Herzenstier. Zeitlebens nie wirklich gesund. Gegen den ich Wetten abgeschlossen hätte, dass er mich als erstes verlassen muss, seit er Ende 2009 bei mir einzog. Als du kamst, hatte er schon seine Partnerin Cuddles und seinen Kumpel Max verloren. Für Max kamst du. Du warst so zart. „Bezaubernd“ – so ließ sich dein Wesen am besten beschreiben. Ich war hin und weg. Und du warst so ängstlich. Ach was hätte ich euch süßes Liebespaar am liebsten in Ruhe gelassen… aber es kam anders.
Anfang Dezember ´14: Du warst gerade erst 6 Wochen bei uns. Lagst, bevor ich mittags zum Spätdienst musste, pumpend in der Ecke. Ich fuhr dich in die Tiho. Im Dienst dann der Anruf: „Bezoar… Augapfelgroß…Not-OP“. Und du Kämpfermotte packtest es!
Ende Dezember ´14: Die nächste große Aufgasung… genauso wie alle 4 Wochen ab da. Immer musstest du kämpfen.
Vielleicht war es der Zyklus? Der Stress durch Scheinschwangerschaften? Denn alles andere war okay. Für Ende April 2015 war die Kastration geplant. Doch dann kam wieder alles anders. Wieder kam uns das scheiß Schicksal in die Quere. Meine Tierärztin hatte einen schweren Verkehrsunfall und fiel wochenlang aus. Anfang April war deine letzte schwere Aufgasung. Ich musste dich in die Hände einer Ärztin geben, deren Fehleinschätzung fast auch meinen Moritz „ruiniert“ hätte.
Sie gab dich mir mit, obwohl du eine entzündete Zitze hattest. Am selben Abend war die Zitze so angeschwollen, dass meine Hand diese umschließen konnte. Meine Tierärztin, die mich sonst immer dazwischen schob, war ja nicht da. Der Ersatz hielt mich für paranoid und nahm mich nicht dran. Somit suchte ich mir eine Ersatzpraxis. Denen will ich keinen Vorwurf machen. Sie waren sehr sehr lieb, kompetent und bemüht. Hatten aber natürlich nicht die Ausrüstung der TiHo an der Hand. Dein Bauch war inzwischen komplett entzündet. Jeden Tag fuhr ich mit dir über 100km zu der Tierarztpraxis. Das entzündete Gewebe starb ab und konnte entfernt werden. Scheinbar ging es dir besser. Es sah alles nach einer heftigen Mastitis aus.
Du hast so gekämpft und doch war dieses ewige Angefasstwerden eine Qual für dich. Ich bewundere dich für deinen Kampfgeist. Gerade du hättest es schon da so tausendfach verdient alt zu werden.
Und es ging dir besser. Die Bauchdecke heilte langsam ab, auch wenn alle Zitzen abgestorben waren.
Es war Mitte Mai 2015. Wir kämpften gemeinsam seit fast 6 Wochen. Da hast du plötzlich von einem Tag auf den anderen rostbraunen Urin abgelassen und du wurdest schwach…
Ich fuhr mit dir um 00:00 Uhr in die TiHo. Sonst eigentlich menschenleer. Jetzt waren vor uns noch drei Notfälle. Du wurdest immer schwächer… Bekamst einen Nystagmus. Ich hielt dich im Arm und bollerte wie eine Wilde an die Tür „Mein Kaninchen stirbt mir gerade weg und ihr macht nichts!“
Dann endlich halfen sie dir. Über Nacht stabilisiertest du dich. Es war der erste Tag meiner alten Tierärztin nach dem Unfall. Um 10 Uhr wollte sie mich anrufen, um mir mitzuteilen, dass ich dich abholen könnte. Um 09:50 Uhr erhielt ich stattdessen den Anruf… Du warst gegangen…
Ich erinnere mich noch daran, wie ich nur noch antwortete „Chrissi, tut mir leid. Ich lege jetzt auf. Ich muss heulen.“ Und meine Tierärztin erwiderte „Ich auch.“.
Vorwürfe machten sich breit. Lauter Vorwürfe. Hätte ich dich zu Hause sterben lassen sollen? Aber ich hätte mir auch Vorwürfe gemacht, wenn ich nicht losgefahren wäre. Hätte ich dich kastrieren lassen sollen?... Wenigstens diese Frage beantwortete die Obduktion für mich:
Als ich ganz zu Beginn deiner Erkrankung nach „Mastitis“ googelte, stieß ich auf eine englische Studie über das „inflammatorische Mammakarzinom“: Eine hochaggressive aber superseltene Brustkrebsvariante. Diese gleicht in den Symptomen der Mastitis.
Hah! Wenn Menschen sowas superselten haben, dann ja Kaninchen erst recht!!!
Du kleiner bezaubernder Pechvogel musstest natürlich der erste dokumentierte Fall bei einem Kaninchen werden… Ich hätte nichts mehr tun können. Brust, Lunge, Leber und Niere…Innerhalb von 6 Wochen vom Krebs befallen. Hätte ich das früher gewusst, hätte ich dich gleich erlösen lassen. Ehrlich!
Die Ironie an der Sache: Die Gebärmutter war frei vom Krebs. Keine Veränderung!
Wie kann so ein kleines Wesen nur so viel Pech anziehen? Gerade wo es in ein besseres Leben starten könnte?! Es tut mir leid, dass ich hier einen halben Roman schreibe, aber dieser Fall hat mich so aufgewühlt, so stark belastet, wie kein anderer. WARUM DURFTEST DU ES NICHT SCHÖN HABEN?!
Maggie, es tut mir leid. So wahnsinnig wahnsinnig leid…
Es tut mir leid, dass wir das nicht gemeinsam schaffen durften… Ich hab dich immer noch sehr sehr lieb, meine kleine Zaubermaus!
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